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Denkmalschutz bis zum Umfallen?

Denkmalschutz bis zum Umfallen?

Wie sich ein Zeitzer Denkmalschützer vergaloppiert und die eigene Rolle vergaß

Das ist schon starker Tobak, den Eberhard Wirth gerade aus großen Kanonen in der Gegend herum schießt. Der ehemalige Chef des städtischen Amts für Denkmalschutz erhebt in der MZ schwere Vorwürfe gegen Stadt Zeitz und große Wohnungsanbieter, insbesondere die Zeitzer Wohnungsbaugesellschaft (WBG). Er schwadroniert öffentlich über millionenschwer wiegende falsche Fördermittelverwendung und die Verantwortlichen hätten jahrelang „den Verfall wertvoller Altstadtarchitektur tatenlos hingenommen“. Das wolle er nun vom Bundesrechnungshof aufarbeiten lassen.

Sicher, lieber ein Denkmal mehr als eines zuwenig erhalten, zumal in der Altstadt. Sicher wurden in der Stadtentwicklung Fehler gemacht, wenn wir den Zustand der Altstadt betrachten. Sicher ist aber auch: die schwerwiegendsten Fehler lassen sich auf die ersten 20 Jahre nach der Wende zurück führen, bestimmt nicht auf die letzten acht. Und diese ersten 20 Jahre haben eben auch mit Eberhard Wirth als Chef des damaligen städtischen Denkmalschutzamtes zu tun.

Lassen wir einmal die Leuchttürme Moritzburg, Franziskanerkloster, Mälzerei und Stadtbibliothek außen vor. Daneben gibt es viele Beispiele, wie gerade Denkmalschützer wie Eberhard Wirth zwar in bester Absicht jedoch mit schlimmen Folgen der Entwicklung im Wege standen. Damalige Stadtplaner und Denkmalschützer hatten durchaus ihre Verdienste. Doch dort, wo sie in vielen Fällen als Verfechter der reinen Lehre mit einem kompromisslosen Verständnis von Denkmalschutz unterwegs waren, haben sie letztlich mehr verhindert als möglich gemacht.

Wie ein Projekt in den Schubladen verschwand

Nehmen wir den Brühl, jenes Quartier, das als Wiege der Stadt bezeichnet, heute chice Lampen, feine Fußwege und edles Pflaster zieren. Ansonsten ein Jammer. An den Kanten der topsanierten Flächen dümpeln denkmalgeschützte Ruinen vor sich hin, kaum noch ein Mensch der hier wohnen möge. Das hätte weder sein müssen, noch sein dürfen, diesem Verfall zu zu sehen. Denn in den Schubläden im Rathausturm dürften sie noch schlummern – die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbes Anfang der Neunziger.
Hinter topsanierten Fassaden im ursprünglichen historischen Zustand sollten Menschen modern wohnen können. Es waren unter anderem Denkmalschützer und Eigentümer die dafür sorgten, dass dieses Projekt auf Nimmerwiedersehen in den Schubladen verschwand.

Denkmalschutz bis zum Umfallen

Nicht wenige Private, die sich Wohnungen oder Häuser in der Zeitzer Altstadt annehmen wollten sahen sich zu der Zeit denkmalpflegerischen Forderungen gegenüber, die in dieser Ausprägung weder nötig noch für private Geldbeutel finanzierbar waren. In der Folge machte sich anch privater Bauwillige aus dieser Zeit auf, sein neues zu Hause in Droyßig oder anderswo zu finden. Die Häuser indes stehen dort, dem Siechtum und Verfall preis gegeben. So müssen sich die Denkmalschützer, die heute so laut jammern auch fragen lassen, ob sie ihrerseits nicht Ermessenspielräume ungenutzt ließen, um stattdessen die reine Lehre zu predigen. Beantworten wird das die Zeit. Denkmalschutz bis zur endgültigen Verrottung zu betreiben ist mindestens so unsinnig wie unüberlegter Abriss.

Und die Rolle der WBG?

Die wird nun von Herrn Wirth völlig verkannt und nahm zwischenzeitlich selbst öffentlich dazu Stellung. Diese Gesellschaft auf die Verwaltung und den Abriss des Neubauostens reduzieren zu wollen ist schlicht Nonsens.
Man kann ja über Dr. Kunze als ehemaligen OB denken was man will. Der WBG hat er zwar manches aufs Auge gedrückt, was schon bedenklich weit weg vom eigentlichen Gesellschaftszweck liegt, doch er öffnete dieser Gesellschaft neue Wege für eigene nachhaltige Investitionsvorhaben. In der Zeit vor Kunze war undenkbar, dass die städtische Gesellschaft inmitten der Altstadt Lücken durch eigene Baumaßnahmen schließt. Heute sind die WBG und deren Partner drauf und dran wichtige Quartiere inmitten der Altsstadt neu zu beleben. Nehmen wir den Neumarkt. Dessen Ensemble an Wohn und Geschäftshäusern wird sich im Sommer als rundherum geschlossenes attraktives innerstädtischen Quartier zeigen. Wenn in zwei bis drei Jahren Ähnliches im Viertel in und um die Kramerstraße herum gelungen ist,  wird zu konstatieren sein: in den letzten 10 Jahren wurde nachgeholt, was zuvor 20 Jahre lang verschlampert wurde.
Mag sein, dass dabei eingefleischten Denkmalschützern wie Herrn Wirth schaudert. Sie hatten ihre Zeit und hätten es besser machen können.

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About The Author

REINER ECKEL Jahrgang 1953, wohnt in Zeitz. Der Web 2.0-Enthusiast ist in Sachen Web, Grafik und Layout als Autodidakt unterwegs. Betreibt zeitzonline.de seit 23. Februar 2011.

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