Die vielen guten Nachrichten. Was sind sie wirklich wert?
Hält die Landesregierung ihre Kabinettsitzung vor Ort ab gibt es nur Sieger. Jedenfalls in den Pressemitteilungen danach. Kabinettsitzungen vor Ort sind so, das ist ein Ritual. So gab es auch aus dieser Kabinettsitzung am 21.10.2014 in Zeitz nicht unerwartet zwei Sieger.
Auf Platz 1 die Landesregierung und auf Platz 1 die gastgebende Region. In dieser Reihenfolge. Übers Jahr ist so jeder Ort der Kabinettsitzung wenigstens einmal der Beste, die Landesregierung jedes Mal und sowieso immer. Begründet werden die Siegerposen mit jeder Menge guter Zahlen, zahlreichen Hinweisen auf positive Entwicklungen und viel Lob für Fleiß und ehrliche Arbeit der Menschen vor Ort, besonders in den Verwaltungen. Soweit, so gut.
Kurzfristig sollen sie doch ihre Motivation und Außendarstellung haben. Langfristig wäre es nur dann richtig, wenn all die guten Zahlen und Erfolge zuvor oder doch wenigstens danach hinterfragt und die richtigen Schlüsse gezogen würden.
Ich hinterfrage deshalb einmal einige Zahlen aus der Pressemitteilung aus der Staatskanzlei.
„Der Burgenlandkreis und die Stadt Zeitz haben den schwierigen wirtschaftlichen Umbau nach der deutschen Einheit gemeistert. Im ersten Halbjahr 2014 lag der Landkreis beim Industrieumsatz auf dem 2. Platz in Sachsen-Anhalt.“
Wow, Platz 2, in Sachsen-Anhalt! Man könnte denken, die Wirtschaft brummt. Tut sie das? Schauen wir mal. „..Haben den schwierigen Umbau gemeistert“ ? Ja, sind wir denn dann schon durch und schon fertig mit dem meistern? Wenn das Kabinett Vergleiche zieht, so muss mir das doch auch erlaubt sein. Gucken wir also einmal bei einigen wichtigen Indikatoren, wo wir als Landkreis im Land stehen.
- Bruttoinlandsprodukt (BiP) je Erwerbstätigen: Platz 6 (54.058 €) – geht ja noch
2012, Statistisches Landesamt
- Arbeitsplatzdichte (Erwerbstätige/1.000 Erwerbsfähige: Platz 14 (602,6)
2012, Statistisches Landesamt
- Industriedichte (Industriearbeitsplätze je 1.000 Einwohner: Platz 9 (62)
2012, Statistisches Landesamt - verfügbares Einkommen (private Haushalte je Einwohner): Platz 9 (16.683 €)
2012, Statistisches Landesamt - Arbeitslose ALG II im erwerbsfähigen Alter je 1.000 Einwohner: Platz 14 (83,3)
2012, Statistisches Landesamt - Wanderungssaldo je 1.000 Einwohner: Platz 12 (-4,2)
2012, Statistisches Landesamt
Was sich für mich hieraus ableiten ließe?
Die Wertschöpfung im Burgenlandkreis ist bestenfalls Mittelmaß. Die zu geringe Industriedichte bedeutet zu wenig gut bezahlte Jobs und geringe Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe. Dies im Verbund mit der deutlich zu geringen Arbeitsplatzdichte wirkt sich auf das verfügbare Einkommen nachteilig aus, was wiederum die Binnennachfrage und die Entwicklung von Dienstleistungen schwächt. Zwei deutliche Symptome dafür, wie sich dies sozioökonomisch auswirkt sind die relativ konstant Quote der Arbeitslosen ALG II-Empfänger und der negative Wanderungssaldo.
Eine Gesamtbewertung ginge wohl nicht zu weit, wenn sie feststellte „es gibt noch ohne Ende zu meistern“. Statt die Presse allein mit guten Zahlen zu bewerfen wünschte ich mir von einem Kabinett vor Ort, dass sie solches auch benennt.
In den Straßen kann ich gut sehen: es gibt eben nicht nur Sieger. Und das reichlich.
Foto: Presse und Informationsamt Staatskanzlei