Etwas vom Wunder der Arbeitslosenstatistik
Zugegeben, ein Genie in Mathematik war ich nie, musste ich auch nie sein. Doch soweit, dass ich mich gelegentlich durch die Interpretation der Arbeitslosenstatistik veräppelt, ja verarscht fühle, so weit reicht es dann aber noch.
Jüngste Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Burgenlandkreis kommentiert Stefan Scholz heute gegenüber Mitteldeutsche Zeitung so:
„Bei der Verringerung der Arbeitslosigkeit konnten große Fortschritte erzielt werden (…)
…aktuell konnte diese Quote im Mai dieses Jahres im Burgenlandkreis halbiert werden.“
„Diese Quote„, das waren die 19,1 % Arbeitslose im Jahr 2007, die Scholz als Vergleich zu den aktuellen 9,5 % heranzieht. Nun will er hier „eine gewaltige Entwicklung“ ausgemacht haben. Er muss das ja wissen, denkt sich der unbedarfte Leser. Immerhin, der das sagt ist Chef der Arbeitsagentur Weißenfels.
Wenn sie nun von einer Halbierung der Arbeitslosenquote lesen, die als „gewaltige Entwicklung“ apostrophiert werden, könnten die unbedarften Leser meinen, es habe sich im Vergleichszeitraum von 10 Jahren die Zahl der Arbeitsplätze verdoppelt. Das wären dann in der Tat eine „gewaltige Entwicklung“ mit „großen Fortschritten“. Davon sind wir aber doch weit entfernt oder habe ich da etwas verpasst?
Habe ich aber nichts verpasst, hat Herr Scholz etwa falsch interpretiert? Falsch sicher nicht, aber auch nicht ehrlich.
Zur Ehrlichkeit würde gehören, die Halbierung anders zu erklären als allein aus einer Quotengegenüberstellung. Zur Ehrlichkeit müsste die Zahl der 58-Jährigen und älter auf den Tisch, die inzwischen in keiner Arbeitslosenstatistik mehr auftauchen. Der Ehrlichkeit halber würde benannt wie viele Menschen aus dieser Statistik fallen, weil sie in irgendwelchen Maßnahmen der Arbeitsagentur stecken. Und, mal ehrlich, dass ich als Arbeitsloser allein durch eine Krankschreibung nicht mehr arbeitslos bin hat sich mittlerweile auch herum gesprochen. Noch ehrlicher wäre, dem einfiele für seine Interpretationen die Abwanderungsbewegung auch heran zu ziehen, die im Burgenlandkreis noch immer vergleichsweise hoch ist.
Mein Fazit. Wenn es so ist, dass Verantwortliche aus solchen schlichten Zahlen „große Fortschritte“ melden und aus derart unehrlichen Betrachtungen „große Entwicklungen“ ableiten, dann werden sie irgendwann auch nicht mehr danach fragen woher es denn kommt, dass hierzulande jedes siebte Kind von HARTZ IV lebt und jedes Fünfte von Armut bedroht ist. Tendenz steigend.
Sie melden:
2.102 Menschen konnten sich … aus der Arbeitslosigkeit abmelden, 578 von ihnen fanden einen Job am ersten Arbeitsmarkt.
Sie fragen sich nicht, was ist denn mit den anderen etwa 1.500 Menschen, die sich zwar aus der Arbeitslosigkeit aber nicht in den Arbeitsmarkt abmeldeten? Sind sie über 58? Sind sie krank? Gehen Sie in Rente? Sind sie weg gezogen? Ich traue diesen Statistiken nicht. Ich traue denen nicht, die sie interpretieren. Ich fühle mich verarscht.