Arthur Jubelt. Vision und Wirklichkeit
Es ist da!
Seit der Arthur Jubelt-Ausstellung 2012/13 in der Zeitz-Information warten nicht nur Insider sehnlich auf die in Aussicht gestellte Jubelt-Biographie.
Seit einigen Tagen liegt Hans-Joachim Richters Publikation nun vor, eine auf 365 Seiten großformatig und aufwendig angelegte Arbeit. Weit über eine Biographie hinausgehend und mit 495, größtenteils noch nie gezeigten Abbildungen, führt der Autor den Interessierten zu politischen Höhen und Niederungen der letzten 100 Jahre in Zeitz. Ein höchst komplexer, faktenreicher, spannender Stoff mit reichlich Sprenggehalt, der den Leser emotional nicht kalt lassen dürfte.
Geschichten hinter den Geschichten mit überraschenden Neuigkeiten findet der Leser in einem ungewöhnlich breit angelegten Anmerkungsteil von 89 Seiten, einem Parallelwerk, beinahe zweitem Buch, das höchst Überraschendes zutage fördert.
Aus Richters in den vergangenen 50 Jahren in Archiven und Interviews gesammeltem Material ergibt sich eine kritische Sicht auf die Stadt-Oberen seit dem 1.Weltkrieg bis heute.
Der Autor verspricht sich durch seine Zuarbeit ein sich wandelndes Verständnis für Jubelt und die doch noch einkehrende Überzeugung, Jubelt als Glücksfall für Zeitz zu begreifen und sich nicht weiter von dessen Zeitz-Intentionen zu entfernen.
Das Buch mit seinen neuen, belegbaren Wahrheiten ermöglicht es, in zu erwartenden Diskussionen, das Bild des 1999 postum zum Zeitzer Ehrenbürger geschlagenen Arthur Jubelt eindeutig und ein für allemal klarzustellen.
Schließlich gewinnt die Arbeit an Wert durch die Zusammenführung einer Unmenge relevanter Daten und Abläufe zur Person Arthur Jubelt und Zeitz.
Preis: 129 € (Gutenberg-Buchhandlung, Zeitz, Wendische Straße 18, 06712 Zeitz)
Auflage: 200
Autor und Herausgeber: Hans Joachim Richter, Leipzig/Zeitz
Umschlaggestaltung: Frank Jabin | Grafi k-Design, Leipzig
Über Hans-Joachim Richter
Hans-Joachim Richter kam am 12. Januar 1943 als Sohn des Regierungsbaumeisters und Zeitzer Stadtbaurats Max Richter in Leipzig zur Welt.
Ein Wohnungswechsel innerhalb Zeitz im Juli 1947 in das Jubeltsche Haus markiert auf ungewöhnliche Weise den Beginn einer Freundschaft zwischen zwei Zeitzern, die sich nie begegnen sollten. Symbolhaften Ausdruck gewinnt sie durch zwei „Unsre Heimat im Bild“-Beilagen, die während des Umzuggeschehens von einem Dachboden – gleichsam als Himmelsbotschaft – dem damals vierjährigen Autor zuflogen. Sie waren Teil einer kindisch-fanatischen, in ihrem Schaden für Zeitz nicht zu ermessenden Vernichtungsaktion von Archivunterlagen durch die neuen Hausherren des Jubeltschen Anwesens.
In die frühe Schulzeit datieren erste Aktivitäten des Autors im historischen Zeitz, wo er bis zum Studium lebte und sich bis heute zutiefst heimatlich verbunden fühlt. Sie führten seit 1964 zu zahlreichen Beiträgen in Tageszeitungen, Zeitschriften und Büchern. Seine bewußte Hinwendung zu Jubelt ist dessen jüngerer in Leipzig lebender Schwester zu verdanken, zu der der daselbst studierende Autor eine intensive, herzliche Freundschaft entwickelte.
Das alles dominierende Thema: ihr Bruder Arthur, sein Leben für Zeitz während zweier Diktaturen, das mit 53 Jahren am 6. Dezember 1947 im NKWD-Speziallager Buchenwald auf tragische Weise endete, ließ den Autor
nicht wieder los.Die mit der politischen Wende 1989 möglich gewordene Recherche und öffentliche Behandlung dieses Tabuthemas in Ausstellungen, Publikationen sowie der dabei offenkundig gewordene Aufklärungsbedarf
verlangten nach einer elementaren Jubelt-Biographie. Mit der Berücksichtigung denkmalpflegerischer Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsfragen, die Jubelts Zeitz-Streben bestimmten, verweist der Autor auf dessen ungebrochene Aktualität.Roland Seidelt über das Buch
Zeitz war die Passion des Verlegers Arthur Jubelt. Zeitz und Arthur Jubelt sind die Passion von Hans-Joachim Richter. Und das mittlerweile seit sechs Jahrzehnten.
Was Richter in dieser Zeit an Dokumenten, Fotos und Gesprächsnotizen mit Zeitzeugen zusammengetragen hat, veröffentlicht er jetzt in einer Publikation unter dem Titel "Passion Zeitz".
Das aus der englischen Übersetzung (Passion=Leidenschaft) bei Arthur Jubelt am Ende die lateinisch-christliche (Passion=Leidensweg) stand, ist historische Tatsache.
Während Jubelt-Kritiker die Vita des kaisertreuen Zeitzers meist aus heutiger Sicht bewerten und nur ihre eigene Deutungshoheit über Zeit, Personen und Ereignisse als maßgeblich betrachten, läßt Richter vor allem Zeitzeugen sprechen.
Auch wenn die persönliche Sicht auf Erlebtes im Laufe der Zeit sich ändern kann - wer war nicht schon einmal erstaunt, wenn die nach vielen Jahren wieder besuchten Spielplätze der Kindheit gar nicht so riesig sind - was sich nicht ändert sind Erfahrungen mit Freunden, Lehrern, Arbeitskollegen und Vorgesetzten.
Und da fährt der Autor aus dem Jubelt´schen Umfeld eine beachtliche Zahl und Vielfalt von Interviewaussagen auf. Ewig-Gestrigen aller Couleur wird da vieles nicht ins Klischee passen.
Es gibt geradezu eine Flut an Informationen, die so oder in diesem Zusammenhang bisher noch nie dargestellt wurden. Gleiches gilt für die zahlreichen Fotos. Nicht die in vielen historischen Beiträgen immer wiederkehrenden und mittlerweile sattsam bekannten Ansichten. Richter bringt Neues, bisher noch nie Gesehenes. Und auch das reichlich.
Und Richter wäre nicht Richter, wenn es nicht auch jede Menge zwischen den Zeilen zu lesen gäbe.
Das beginnt schon auf dem Schutzumschlag mit dem Hinweis auf die Todesstätte Arthur Jubelts: Das Konzentrationslager Buchenwald im Jahre 1947.
Zum Schluß gibt es auf 120 Seiten Anhang jede Menge Anmerkungen und Quellennachweise. Auch das macht "Passion Zeitz" zu einem empfehlenswerten Nachschlagwerk und Geschichtsbuch.
Der wünschenswerten Verbreitung des Buches wird der Preis im Wege stehen. Aber als Bücherherausgeben noch billiger war, hätte dieses Buch nie erscheinen dürfen. Und außerdem kann man es auch in der Stadtbibliothek ausleihen.