Wie ein Stadtrat aktiv am Imageverlust arbeitet.
Eine Stelle auszuschreiben, wochenlang Bewerbungen zu lesen, mit Bewerber*innen Vorstellungsgespräche zu führen, Bewerber*innen in die engere Wahl zu nehmen, sie zur Sondersitzung einzuladen und sich dann der Befassung zu verweigern – das grenzt schon Frechheit. So geschehen letzten Donnerstag im Zeitzer Stadtrat, der eigens für diese Personalangelegenheit einberufen wurde. Nicht irgendeine Personalangelegenheit. Es geht hier um eine*n Bürgermeister*in.
Was sich Stadträte wohl dabei dachten? Wahrscheinlich nichts. Geladen war zu einer Sondersitzung, um die oder den Bürgermeister*in für Zeitz zu wählen. Geladen waren neben den Mitgliedern des Stadtrates auch jene vier Bewerber*innen, die nach der Vorauswahl unter neun Kandidat*innen in die engere Wahl gekommen sind, sich in dieser Sitzung vorstellen sollten und anschließend gewählt werden wollten. Stattdessen wurden sie vorgeführt und der Oberbürgermeister gleich mit.
„Hätte ich nur nicht…“ wird dies(r) und jene(r) der Bewerber*innen wohl an diesem Abend gedacht haben. Denn Pustekuchen, meinte eine Mehrheit und setzte den Tagesordnungspunkt ab. Diesen Vorgang als peinlich zu bezeichnen wäre eine Verharmlosung dessen, was hier passiert ist. Eine Blamage, wie die MZ es beschrieb ist auch noch geschmeichelt.
Man darf den angeführten Argumenten, die diesen unnötigen Akt angeblich notwendig machten durchaus misstrauen. Warum?:
- Weil sowohl die Ausschreibung der Bürgermeister*innenstelle als auch die Bewerbungen allen Räten oft und lange genug vorlagen.
- Weil tags zuvor im Ältestenrat noch die Gelegenheit gewesen wäre, Bedenken vorzutragen und einen Eklat zu vermeiden.
Stattdessen sammelte man Unterschriften, um den wichtigsten Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Die Außenwirkung ist verheerend. Eine Mehrheit dieses Stadtrates scheint offensichtlich den Imageverlust für Zeitz aktiv zu betreiben. Denn wir glauben doch nicht etwa solch willfähriges Tun bliebe unter uns? In der Liga der kleinen Städte sprechen sich derlei Personalpossen schnell herum. Wer von wachem Verstand und von einem für die Bürgermeisterstelle angemessenen Format sollte denn Lust darauf haben, hier Opfer solcher Spielchen zu werden? Bestenfalls jemand von der Ersatzbank, kaum geeignet für einen vorderen Tabellenplatz geschweige denn den Aufstieg. Das ist das eigentliche Drama.
Dank Wolf-Henry Dreblows Zeitzer Lupe kann das wer möchte miterleben (ab den wichtigen Minuten):