Wie ungerecht doch Social Media sein kann
Die Droge Beifall
Jetzt wird das aber ungerecht! Manch OB sang davon schon ein Lied. Bis hier her mochte er es, aus den sozialen Medien Likes und zustimmende Kommentare auf seine ach so wichtigen Beiträge wie betörenden Weihrauch in sich aufzunehmen. Bis er mit diffusen Wortspielen versuchte, sich selbst nach einer deutlichen Niederlage als alleiniger Sieger zu präsentieren. Das bringt das Uservolk in Rage. Jäh verflogen sind die betörenden Wölkchen und weichen Hohn und Spott. Der so Geschmähte bekennt alsdann öffentlich, er fühle sich in Social Media angegriffen. Und ungerecht behandelt.
Frag nicht den User, Presse
Andere nutzen Social Media als wäre es das Universum oder doch wenigstens eine die Welt spiegelnde Glaskugel. In schöner Regelmäßigkeit befragt etwa die Tagespresse die sozialen Medien, fängt dort Meinungen der User zu Aktuellem ein, um ihre Berichterstattung auf zu hübschen, Zeit für Befragungen und Recherche zu sparen. Oder was auch immer sie sich dabei denken.
Hätte sie es doch dieses Mal auch getan. Vorher. Und hätte sie doch dieses Mal die Zeit für Recherche aufgebracht. Vorher. Stattdessen stellte sie vier Fragen an den Landrat. Nachher. Das ist ihr gutes Recht. Nur kommt es gelegentlich auch darauf an, wie man fragt und warum. Und zu welchem Zeitpunkt.
Gerade eben feiert man im Burgenlandkreis die Aufnahme des Naumburger Domes in die UNESCO-Welterbeliste. Dem voraus gegangen war die erfolgreiche Verteidigung des Antrages durch eine kleine Delegation aus dem Landkreis in Bahrain. Dann flattern vier seltsam kommentierte Fragen der Tagespresse ins Haus:
„Sehr geehrter Herr Ulrich,
noch eine kurze Nachfrage zu Ihrem Ausflug nach Bahrain.
Bitte beantworten Sie mir die angeführten Fragen bis zum 9. Juli 2018, 15 Uhr.
Vielen Dank für Ihre Zuarbeit.
- Von wann bis wann haben Sie sich in Bahrain aufgehalten?
- Wer hat die Kosten für den Aufenthalt übernommen?
- Ist außer Ihnen noch jemand von der Kreisverwaltung oder dem Kreisrat nach Bahrain geflogen und wer kam in diesem Fall für die Kosten auf?
- Ist die Reise nach Bahrain mit öffentlichen Geldern finanziert worden und wenn ja – wie begründen Sie diese Entscheidung?“
Dieses Mal drehten die Befragten den Spieß um und fragten ihrerseits in den sozialen Medien, was die geneigten User denn von solchen Fragen hielten. Wir nehmen es vorweg: Nicht viel. Um nicht zu sagen gar nichts. Unverständnis, Hohn und Spott ist zu lesen in den vielen Kommentaren.
Das muss den aufmerksamen Social-Media-Gefährten nicht wundern. Besagte Tagespresse schon gar nicht. Wie andere User konnte schließlich auch sie in Echtzeit in eben diesen Medien miterleben wer mit wem und wie lange in Bahrain zur Sitzung der Kommission weilte (Fragen 1 bis 3). Ein Sitzungsmarathon, der ganz sicher eines nicht war, ein Ausflug. Wer für die Kosten aufkam konnte der wissen, der den Kreistag verfolgt, etwa die Tagespresse. Denn dort hatte lange vorher der Landrat darüber Auskunft gegeben.
Nachgerade ein schlechter Witz ist Frage 4. Das kommt davon, wenn du zu viele Fragen von Usern in sozialen Medien beantworten lässt. Das kommt vom vielen Weihrauch. Zu viel davon wirkt nicht therapeutisch, es scheint die Sinne zu vernebeln. Social Media, dieses Scheinuniversum, jetzt schlägt es mal zurück. Ungerecht kann ich das nicht finden.
Cool und sachlich, die Antworten:
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