Ein Blick in die 6. BiBoThekennacht
Weckten zur 6. BiBothekennacht mindestens die Frühlingsgefühle: Songwriterin Jolie Trapp und Schauspieler Robert Stadlober mit seinem Tucholsky-Programm.
Jolie Trapp bummelt gerne durch die Welten. Reisen durch die Welt, bummeln durch die Welten ihrer Seele. Was sie dort findet, das teilt sie in ihren Songs mit der Welt. Wie selbstverständlich plaudert die 19-Jährige zwischen ihren Liedern, eigenen und gecoverten, darüber, was sie bewegt. Plaudern ist nicht richtig, klingt zu unverbindlich. Jolie erzählt, teilt mit und teilt mit anderen. Es sind ihre eigenen Lieder, die hinter geschmeidig klarer Stimme die Welt einer jungen Frau entdecken lassen. Ihre Botschaften, so klar wie ihre Stimme. Kein Wort, das du ihr nicht abnehmen würdest: entdeckt die Welt, macht Liebe, seid gut zueinander, das Leben ist schön, Frieden für alle. Inspiriert von den gern gecoverten Songwritern der 60er und 70er Jahre sind es doch ihre eigenen Songs, die berühren. Für Janis Joplin schrieb sie ein schönes Lied. Nicht das einzige, mit dem sie die Seelen der Zuhörer berührte.
Ihr Repertoire ist üppig für eine Neunzehnjährige. Gerade ist ihr erstes Album in der Produktion, erzählt sie und dass sie es wahrscheinlich im Zeitzer Green Island Pub präsentieren wird.
Zärtlich und brachial. Robert Stadlober gibt Tucholsky
So innig, fast zärtlich Stadlober die Texte Kurt Tucholskys in seinem Buch kuratierte, so sanft und brachial interpretiert er sie auf der Bühne. Zwischen dem wiedergegebenem Vorwort und dem Nachwort seines Buches hat Stadlober eine feine Auswahl an Texten vertont. Die gibt er wieder auf kleinen Bühnen, ja auch auf „Scheunenauffahrten“ wie er auf seiner Webseite einlädt.
Robert Stadlober scheint uns als ein Typ aus zwei Welten, wenigstens als einer zwischen den Zeiten. Sanft begleitet von Daniel Moheit am Akkordeon begegnet uns einer aus den Zwanzigern – grauer Hut, zu weites Sakko, aufgeschlagene Hosenbeine, die Stimme ein Hauch Berlin – und doch ein ganz und gar Heutiger. Der Buchtitel ist Programm: „Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut“. So lange die Menschen so sind, wie sind, werden Tucholsky Texte aktuell bleiben. Gerade jedenfalls sind sie erschreckend aktuell: „Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft“. Sie sind ja wieder da, merkt Stadlober bissig an. Da hinein passt, mehr als 100 Jahre alt und gefühlt wie heute geschrieben, Tucholkys Text „Was darf Satire?“, das in der Pointe gipfelt „Alles“. An diesem Abend dürfen sie und er alles, macht er alles, mal macht er dich wütend ob des eigenen Ertapptgefühltseins, mal lässt er dich gerührt zurück. Und was Stadlober uns, dem „Hochverehrten Publikum“ an diesem Abend auch fragt ist, wie denn des Einzelnen Rolle ist, seine Haltung sein wird in einer Zeit der Verschiebungen und Verwerfungen.
Den Menschen vor und hinter der Bühne, vor und hinter dem Tresen, den Provinzbanausen und der Alten Stadtbibliothek sei Dank für diesen zauberhaften Abend zur 6. BiBoThekennacht. Es gilt, was in großen Lettern hinter der Bühne zu lesen ist:
„Es ist die Zärtlichkeit, die wir retten müssen!“
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