Zeitzerinnen und Zeitzer bieten AfD die Stirn
Die AfD hatte auf den Altmarkt zur Wahlkundgebung geladen. Das Bündnis für Vielfalt und Demokratie zur Gegendemonstration in die Judenstraße.
von Reiner Eckel
So etwas erlebst du auch nicht alle Tage. Während AfD-Vertreter selbst seelenruhig und ungestört die Kameras auf ihre Gegendemonstranten richten, wollen sie mir für zeitzonline.de mehrfach das Fotografieren untersagen. Immer wieder schiebt sich jemand vor die Kamera. Abhalten konnte mich das nicht. Weder vom Fotografieren, noch vom Mitschreiben. Obwohl, viel mitzuschreiben gab es nicht. Bei so viel „Fairplay“ brauche ich mich nun auch nicht an Spielregeln der Berichterstattung halten.
Die überschaubare Anzahl BesucherInnen der AfD-Wahlkampfveranstaltung hörte viel von Heimat und Vaterland, zu deren Rettung sich die AfD aufmache. Vor allem hörte sie viel über die Anderen, die „linksversifften Einheitsbreiparteien“, wie Björn Höcke in seiner Rede alle anderen demokratischen Parteien beschreibt. Wie konkret die AfD als „Landesretter“ eben dieses retten will, darüber war nichts zu hören. Auch nicht, worin konkret denn „die gute Arbeit der Landtagsfraktion“ bestand, die Martin Reichhardt zuvor über den grünen Klee lobte. Braucht es auch nicht.
Denn Hans-Thomas Tillschneider, für die AfD im Landtag, ließ in seiner Rhetorik durchblicken, wie dort „gute Arbeit“ aussieht. Tillschneider mit Blick zu den Demonstranten: „…diese dahergelaufenen Typen da drüben, diese fragwürdige Sippschaft…“. Mehr braucht es nicht, um zu ahnen, wie ein kulturpolitischer Sprecher der AfD, wie die AfD Andersdenkende aus eben diesem Volk, das sie zu vertreten vorgibt, betrachtet und auch behandeln würde. Wenn sie denn könnte. Wohl mit jener „wehrhaften Männlichkeit“, die wieder zu entdecken Björn Höcke gern öffentlich aufruft.
Solche Rhetorik am Zeitzer Altmarkt mit seiner Geschichte und unter dem OdF-Denkmal zu erleben, das ist schwer auszuhalten.
Bei denen da drüben
„da drüben“, bei den zahlreichen Gegendemonstranten machte gerade die spontane Wortmeldung von Sebastian Hakelberg Eindruck. Der werdende Vater ist erst seit kurzem Neuzeitzer und bekannte, er wolle seinem Kind kein homophobes, rassistisches, intolerantes Land zumuten. Deshalb sei er hier und wolle nicht, dass diese Stadt von der AfD vertreten wird. Das war ehrlich, kam aus dem Herzen und fand viel Beifall.
Dafür ließ sogar Aktionskünstler und Kulturvermittler Beat Toniolo sein Megaphon schweigen. Damit stiftete der Schweizer und Wahlzeitzer einige Unruhe, ließ die Sirene ertönen und sprach immer wieder die AfD-Sympathisanten an, sie mögen doch daheim ein Süppchen löffeln und dabei mal nachdenken. Zuvor kam bei denen nicht gut an, als Toniolo sich zu ihnen hin begab und das Gespräch suchte. Was den nicht davon abhielt, unverdrossen weiter zumachen.
Auf die Versammlung eingestimmt hatte Markus Nierth. Er erinnerte am Beispiel der Geschichte seiner eigenen Familie im Nationalsozialismus und dem Gebaren der AfD heute an die Nähe dieser Partei zum Faschismus. Mehr als eine rhetorische Nähe, was Nierth nicht nur am Beispiel des Hauptredners Björn Höcke gut zu belegen wusste. Nicht umsonst werden Teile AfD vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Gründe dafür konnten auch heute in den Worten der AfD-Redner auf dem Altmarkt in Zeitz nachgehört werden.
Gut, dass Zeitzerinnen und Zeitzer heute dagegen ein kraftvolles NEIN setzten.