Etwas über die großen und kleinen Momente
Die Zeitzerinnen und Zeitzer zeigten heute wieder Haltung. Auf dem Zeitzer Altmarkt demonstrierten sie gegen die Planungen, Kinderstation und Geburtenhilfe im Klinikum zu schließen. Der Tenor: wir machen weiter!
Manchmal liegen die großen Momente im Kleinen. Manchmal braucht es nicht die großen Reden und lauten Ereignisse. Manchmal sind es die einfachen Sätze und stillen Augenblicke, die dich bewegen. So war das auch heute auf dem Zeitzer Altmarkt. Als Hebamme hat Carola Köhler mehr als 3.000 Kindern auf die Welt geholfen. Sie weiß, wovon sie spricht. Davon, dass es eben nicht egal ist, ob ab jenem Zeitpunkt noch vierzig Minuten Wegzeit vergehen müssen oder sofort gehandelt kann, ein Kind zu retten. Oder deren Mutter oder beide. Und dann, ein paar Wimpernschläge kurz nur, schaust du ihr in die Augen … siehst die Betroffenheit und weißt: sie weiß, wovon sie spricht.
Später wird ein junger Familienvater ein paar einfache Sätze sagen, wie das war für ihn und seine kleine Familie. Die stand, wie er noch nie auf einer Bühne, um zu erzählen wie sich das anfühlt, was sie jetzt erleben muss. Der sonst nach Rezepten Essen kocht, schreibt keine Reden. Er hat mit seinen vier Kindern zu tun und erzählt wie das war, als sie in seiner Heimatstadt das Licht der Welt erblickten. Ein paar schlichte Sätze nur, als große Momente im Kleinen. Betroffenheit eben. Bei den Betroffenen.
Das Aktionsbündnis Zeitz um Udo Lange hielt Wort, machte mobil und kündigte schon mal an, noch mehr Druck auf die Straße zu bringen, wenn die Konzernführung des SRH-Klinikums an seinen Plänen festhalten sollte. Es habe bisher weder aus dem Klinikum noch aus den Reihen der Politik einen Hauch an Reaktionen gegeben. Das sei nicht hinnehmbar und zeuge nicht von politischem Verantwortungsbewusstsein, geschweigedenn von Empathie. Petra Tischendorf vom Aktionsbündnis Zeitz setzte noch einen drauf und verlas aus zum Teil Jahre zurück liegenden Schreiben von Zeitzer Ärzten, die schon lange vor dem warnten, was jetzt passiert. Weshalb diese Warnungen offenbar ungehört blieben wurde offensichtlich nie aufgearbeitet, sodaß nicht wenige dahinter eine Strategie zu Gunsten der Kreisstadt vermuten.
Den langen Atem für wiederkehrenden Protest auch aus einer Leichtigkeit heraus zu holen, war wohl auch eine Idee des Veranstalters nach dem Motto „geboren in Zeitz“. So hatten sie den rastlosen Tausendsassa Mario P. gebeten, mit Kindern ein kleines Programm zu machen. Trommeln und als Pumukl fürs Klinikum tanzen, das kam gut an und sorgte für jede Menge Stimmung und Beifall bei den Demonstranten.
Von der Medienpräsenz ist zu hoffen, dass vielleicht diesem und jenem die Situation bewusst wird. Hier in Zeitz bahnt sich ein sattes Problem an. Denn sowohl das Aktionsbündnis als auch ZeitzerInnen, die wir danach fragten, sind zu einer Ausweitung des Protestes bereit, sollte es bei der bisherigen Strategie bleiben – der Konzern bei der Schließungsabsicht und die Politik bei der Nicht-Hingucken-Tatktik. Die Zeitzerinnen und Zeitzer haben keinen Bock darauf, nach dem Debakel aus den Neunzigern, ein zweites Mal einen weiteren Abstieg zu erleben. Am 27. März werden die Aufsichtsgremien von SRH ihre Strategie für die Kliniken in Zeitz und Naumburg beschließen. Dann werden wir sehen, was nötig ist zu tun.