Vom Geschmack der Wörter. Und der Bilder.
Mit Bildern lässt sich gut Meinung machen. Mit Zitaten in Schlagzeilen auch. Das fühlt sich für Manchen dann an wie der Weltuntergang. „Das gibt Zeitz den Rest““ ist so ein Beispiel. Ein Zitat, dem alsdann zur Erhärtung weitere folgen: „Ich bin entsetzt“, „Schrecklich“, „grauslich“, „Das ist ja schrecklich.“ Wir sprechen nicht etwa von einem Überfall oder verünglückten Zug. Wir sprechen über Bilder aus einem städtebaulichen Entwurf für den Zeitzer Brühl. Es hätte dann auch Zustimmung gegeben: „Ergänzt sich sehr gut“, „gar nicht schlecht“ – offensichtlich für Schlagzeilen ungeeignet. Dabei wäre dieses Bild es wert gewesen, finde ich:
Dabei geht es nicht nur um ein Bild. Es wäre von allen, die sich hierzu öffentlich äußern zu wünschen, dass sie bitte mal kurz die Luft anhalten, sich die Zeit nehmen und Planungsunterlagen ansehen. Es geht um ein ganzes Stück mehr als um zwei Bildansichten. Es geht um topografische Lagen, um Stadttypologie, um zu verwendende Baumaterialien, um Sichtachsen, um Nachhaltigkeit, um Lebensräume und das Klima darin. Es geht um Energie und Klima, um die Nutzung von Stadtraum, um Höhenunterschiede. Das alles ist durchaus verbunden mit der Frage: wie wollen wir heute und morgen leben?
Und es geht auch um die Frage, ob wir Neues wagen wollen, Modellhaftes, Exemplarisches. Und ja, es geht um Dialog, um unvoreingenommenen Dialog mit dem Objekt am besten. Möglich, dass man selbst nach ausführlicher Befassung mit den Planungen für den Brühl bei seiner ablehnenden Haltung bleibt. Auch im Städtebau wird nie jedem alles gefallen können. Wir wollen doch aber bitte nicht Kommentare in Sozialen Medien als die Mehrheitsmeinung abbilden. Schon gar nicht dann, wenn hier am Thema arbeitende ernsthafte Menschen als „blind oder doof“ diskreditiert werden. Achtet auf den Geschmack der Wörter.
Wäre noch die Frage, ob diese Idee einer Bebauung hier „Zeitz den Rest gibt“. Ich glaube das nicht, im Gegenteil. Er muss nicht jedem gefallen, aber dieser städtebauliche Entwurf kann mindestens unter den Aspekten Stadtökologie, Nutzungsvielfalt und Freiraumgestaltung Modellcharakter haben und wesentlich zur Belebung der gebeutelten Stadt beitragen. Mit den inhaltlichen Nutzungsideen, so sie umgesetzt werden, sowieso.
Abb.: ksg