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Mit Tunnelblick und enger Stirn: die bösartigen fünf Minuten des MDR.

Mit Tunnelblick und enger Stirn: die bösartigen fünf Minuten des MDR.

artour’s bösartige Minuten gestern über die Stadt Zeitz, aufgenommen mit Weitwinkel, gedacht mit enger Stirn, kommentiert mit Tunnelblick. Zum Bericht „Abrisswut in Zeitz“ am 09.02.2012

So einen bösartigen Bericht über Zeitz sah (z)))online lange nicht. Und (z)))online ist sicher unverdächtig, Stadtentwicklung und demografische Probleme durch rosarotes Brillenglas zu betrachten. 5,13 Minuten gestern vom mdr, der sich fragen lassen muss, was die, gestützt von in Zeitz wohnenden Gebührenzahlern eigentlich zum Ziel hatten.

Doch der Reihe nach, also auch zuerst die Kritik. Der interviewte Zeitzer Oberbürgermeister hat mit seiner Behauptung, man müsse „Mut zur Lücke“ haben, ein Motto falsch definiert. Oder falsch verstanden. „Mut zur Lücke“ nämlich bezieht sich ursprünglich auf den Mut, in bestehende Baulücken zu bauen, auch in den schmalsten Lücken durch sogenannten Lückenbau oder Lückengestaltung neues Leben in Städten zu aktivieren. Aus Dr. Kunzes „Mut zur Lücke“ wird nun der Mut zum Abriss. Einem Mut aus dem eher Not, Verzweiflung und Hilflosigkeit spricht als denn eine konzeptionelle Idee.

Das macht allerdings den düsteren Beitrag nicht besser, geschweige denn, dass ihm recht zu geben wäre. Zumal er nicht im Ansatz versuchte, der Frage nach Lösungen nachzugehen. Stattdessen schnallen die Macher das Weitwinkel auf die Stoßstange, um aus der Froschperspektive den Verfall links und rechts der Rahnestraße noch gewaltiger aussehen zu lassen. Weil das nicht reichte wird sumpfig – neblige Schauermusik dahinter gepackt und etwas die Farbe aus dem Film genommen. So werden besagte Lücken zu Kratern und zu etwas Unüberwindbarem stilisiert. Dazu passt dann auch, dass im Film häufiger geschnitten als geschwenkt wurde. Beim Schwenk, um Himmelswillen, hätte die Kamera womöglich noch ein jüngstes Beispiel guter Altbausanierung eingefangen. Dazu hat sich auch Herr Wirth leider nicht hinreißen, sondern sich demonstrativ vor dem dachlosen Café am Brühl drapieren lassen. Bei allen Verdiensten als Denkmalschützer, Herr Wirth mit Verlaub, das ist ziemlich unwürdig.

Nein, (z)))online unterliegt nicht blindem Lokalpatriotismus. Wie andere Zeitzer auch kennen wir die Schmuddelecken, wie anderen auch tun uns spürbarer Verfall und Verlust von Häusern weh. Anders als der Oberbürgermeister sähen wir Alternativen zur totalen Bestandsaufgabe am Brühl und den Ersatz durch Einfamilienhäuser. Darüber kann durchaus gestritten werden, wie auch bisher nicht jeder bei jedem Abriss Beifall klatschte oder alle Lückenschließungen mit einem Volksfest begrüßt wurden..
Doch was soll ein Film, der nicht einen Zustand nur beschreibt, sondern ihn bewusst stilistisch und dramaturgisch in dieser Weise überhöht? Und überdies schlecht recherchiert ist. Denn Zeitz hat seit der Wende nicht „mehr als die Hälfte Einwohner verloren“ und es wird eben nicht nur in Zeitz-Ost saniert, geboren, gelebt und gestorben, wie der Film im Abspann beschreibt.

Zeit(z)))Online hätte sich gewünscht, die Kameras des MDR hätten sich die Zeit für den zweiten Blick für diese Stadt genommen. Schließlich fiele es uns auch nicht schwer, mit einem solchen ersten Blick gleich neben der Media City in Leipzig einen ebenso bösartigen Bericht mit düsteren Bildern über Brachen und deren Folgen für die Gesellschaft zu machen.
Nur, was hätten wir davon? Wer überhaupt hätte was davon? Eine Frage, die sich beim MDR niemand stellte.

Fotos: Roland Seidelt (3), Eckels Art (1)

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About The Author

REINER ECKEL Jahrgang 1953, wohnt in Zeitz. Der Web 2.0-Enthusiast ist in Sachen Web, Grafik und Layout als Autodidakt unterwegs. Betreibt zeitzonline.de seit 23. Februar 2011.

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