Zeitzer Schlaglöcher. Manche wähnen sie als Alleinstellungsmerkmal.
Wer in diesen Tagen mit dem Auto durchs Land fährt braucht ein waches Auge. Hüpfend von Loch zu Loch würde er sonst diese und jene Delle in den Felgen haben.
Dem wirklich wachen Auge indes entging längst nicht, dass die kommunale Infrastruktur deutscher Städte auf Grund klammer Kassen ohnehin krankt. Deutschlandweit sind deshalb Schlaglochmelder als Hotline oder Onlineplattform seit Jahren gängige Praxis, was auch den kommunalen Ordnungshütern hilft.
In Zeitz will nun die lokale Presse das Schlagloch gar als Alleinstellungsmerkmal erkannt haben und gönnt ihm am Mittwoch eine ganze Seite (MZ vom 10.4.13).
Als wäre es nicht schon schlimm genug ruft sie zu einer Art Schlaglochcasting auf. Unter der Überschrift: „Haben Sie auch ein Lieblingsschlagloch?“ lese ich, was „wichtig ist“, wenn Sie Ihr Lieblingsschlagloch melden, nämlich dass Sie „auch bereit wären, sich von unserem Fotografen an Ihrem Schlagloch fotografieren zu lassen.“ Haben wir also in den nächsten Ausgaben stolze Schlaglochsammler zu bestaunen? Teilen wir denen da draußen nun möglichst häufig und möglichst lange mit, dass es Schlaglöcher in deren Heimat zwar auch gibt, es in Zeitz aber besonders schlimm ist? Bezeugt von emsigen Schlaglochfindern, die auch gerne einmal ein Bild von sich in der Zeitung sehen möchten? Eine seltsame Imagekampagne.
Zumal sich eine Zeitung mit der dauerhaften Pflege eines schlechten Images ihres Verbreitungsraumes ins eigene Knie schießen dürfte. Ausbleibende Besucher, sinkende Umsätze, fehlende Kaufkraft, mangelnde Mobilität in den Köpfen, abnehmendes Interesse – die Folgen können wir schon sehen. Auch in den aktuellen Mediadaten. Dort wird die verkaufte Auflage mit gerademal 8.210 Stück beziffert. Kein Grund, nun über Schlaglöcher zu hüpfen, als gäbe es sie nicht. Jedoch auch kein Grund, sie wie einen Bauchladen vor sich her zu tragen.
Sonst geht es dem Blatt am Ende, wie dem Autofahrer mit dem wachen Auge, der hüpft von Tal zu Tal.
Fotos: rennrad-news.de