Wie Staus die Innenstadt beleben. Eine satirische Vision.
Ein kurzer Blick aus der Zukunft
Wir schreiben das Jahr 2015. Tief im Süden des Landes hat sich in Zeitz eine gewisse Wendische Straße zur Bummelmeile gemausert. Während noch im Frühjahr 2013 Laden um Laden schloss und nachmittags nach halb fünf kaum noch ein Eis an den Mann, keine Blume an die Frau gebracht werden konnte wimmelt es heute von Kauflustigen aus nah und fern. Gerade zur Zeit der rush hour.
Vereinzelt und in kleinen Gruppen schwallen sie um die Ecke in Richtung der offenbar so bekannten wie beliebten Einkaufsmeile.
Die meisten eiligen Schrittes auf dem Weg zum Bäcker für das täglich Brot, Blumen kaufen für die Liebste oder einfach mal schnell ins Café Pause gleich nebenan. Sie kommen aus der Weberstraße, an dessen oberem Ende sich ein Kreisverkehr befindet.
Wer diese Ecke noch aus besagtem Jahr 2013 kennt reibt sich verwundert die Augen. Wo dereinst scharfblickige Politessen in Blau den Stadtbummelanten Knöllchen ans parkende Auto pinnten begrüßen heute Hostessen die Kurzparker. Freundlich lächeln sie aus ihren stadtfarbenen Uniformen und weisen ihnen den Weg. Erst zur Haltenische für ihr Auto, dann zur Wendischen Straße.
Selbst der mürrische ob der unverhofften Wartezeit gelegentlich auch zornige Autodeutsche wird so milde gestimmt. Was ist seit 2013 passiert?
Damals die Leute mit Weitblick
Damals 2013 die Räte und Stadtoberhäupter, das waren noch Leute mit Weitblick. Wir erinnern uns an jenen Streit, als wegen o.g. Weberstraße ein heftiger Streit entbrannte. Es ging um den Bau eines Kreisverkehrs, ob der dort nötig sei, ob man das Geld dafür hätte, ob sich jemand lediglich eine Art Denkmal setzen wollte. Und es ging der Streit um jene Weberstraße. Die nun, seit Jahrzehnten Einbahnstraße, sollte im Gegenverkehr geöffnet werden. Zorn machte sich breit in der schmalen Straße mit den rechts parkenden Autos. Der Wutbürger beschwor Straßenlärm, Stau und Verlust der innenstadtnahen Parkplätze. Von Umsatzgefährdung war die Rede, von Schwachsinn und Kreiselmanie. Während die Leute mit Weitblick, die Räte und Stadtoberhäupter von Verkehrsberuhigung durch bessere Verkehrsverteilung sprachen rumorte es bei Anliegerwutbürgern beträchtlich.
Stürmische Zeiten
Die Vorzeichen standen auf Sturm, denn „…noch im Frühjahr 2013 Laden um Laden schloss…“. Damals im April 2013 war der Kreisel beinahe fertig. Damals im April schaute alles zum Rathaus, was denn wohl nun beschlossen würde von den Leuten mit Weitblick. Denen indes reichte es nicht, es allein bei der Öffnung der Weberstraße für Gegenverkehr zu belassen.
So setzten sie noch einen drauf: „Öffnung der Weberstraße für den Gegenverkehr unter Beibehaltung der Kurzzeitparkplätze“ heißt es da im Rathausturm. Eine Mehrheit scheint geahnt zu haben, welches Potenzial in dieser Idee liegt und stimmte zu. Kopfschütteln allerorten. So schmale Straße in zwei Richtungen? Und dann noch Parken am Rand?
Weise Entscheidungen, neue Chancen
Heute 2015 wissen wir, es waren dies weise Entscheidungen. Das mit der Beruhigung durch Verteilung sollte nicht klappen. Dafür hatten die Weitblickenden neue Ideen. Mindestens zweimal täglich kam es in der schmalen Straße mit dem Gegenverkehr und den Kurzzeitparkplätzen zu heftigen Verstopfungen. Schon gab es die ersten pfiffigen Existenzgründer. „Staukaffee“ und „Wartewürstchen“ steht auf den Schildchen am Gassenrand. Vom Stadtoberhaupt persönlich zu Hostessen umgeschulte ehemalige Politessen geben freundlich Auskunft „Sie brauchen sechs Minuten für Ihr täglich Brot, gleich hier unten links bitte.“
Endlich ist der Service für Durchreisende auf hohem Niveau, geben rechtzeitig Schilder Tipps für den Einkaufstripp: „noch Zehn Minuten bis zum Kreisverkehr!“ Nehmen Sie im Zeifel die Elster.