November 24, 2024

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Macht’s mal halblang!

Macht’s mal halblang!

Lieber Krähwinkelstumpfsinn als stumpfsinnige Demagogen

Von „feinstem Weltgeist und Krähwinkelstumpfsinn“ sei dieses Zeitz schrieb Wilhelm Bartsch in seinem Essay im Buch ZEITZ. DOM – UND RESIDENZSTADT AN DER WEISSEN ELSTER. Ach, bliebe es in dieser Stadt doch bei diesem, zugegeben gelegentlich schwer zu ertragenden, doch wenigstens menschlichen Krähwinkelstumpfsinn. Was aber jüngst an Diffamierungen und Polarisierung in Leserbriefen veröffentlicht wird, das geht über Krähwinkelstumpfsinn weit hinaus. Das trägt schon demagogische Züge. Ungefiltert darf gelogen, behauptet und diffamiert werden.

Der Grund? Zwei berechtigte wie simple Meinungen in der Mitteldeutschen Zeitung zum Verfahren der Auswahl eines Objektes für den Zeitzer Stadtgarten auf der Laga 2018 in Burg. Das Verfahren wohlgemerkt! Zum Objekt von Roland Lindner, der mehr als drei Meter hohen Metallplastik (manche sagen Stele) aus Cortenstahl „Zukunft Zeitz“, fiel kein Wort der Kritik. Zwei simple Nachfragen also wurden zum „Zeitzer Zankapfel“ und in der Folge zu haarsträubenden Darstellungen in Leserbriefen bis hin zur Stigmatisierung von Menschen, die anderer Meinung sind.

Als einigermaßen gut im Bilde stehend kann ich solches nicht unkommentiert stehen lassen. Ein Blick auf Leserbriefe und hinter die Kulissen.

Ein gewisser Robert Reichelt will bei den Verfahrenskritikern zunächst „die rostige Vergangenheitsmentalität unserer Stadt“ erkannt haben. Später wird er in seinem Leserbrief den „Kritikern“ unterstellen, sie würden „an altrostigen und dysfunkionalen bzw. vernebelnden Denkmustern“ festhalten und ihnen empfehlen, sie „sollten sich anderen Dingen widmen“. Zuvor bedient sich Herr Reichelt allerdings der Lügen. Halten wir ihm mal Halbwissen zugute, wenn er behauptet durch „die letzte planmäßige Kunstausschreibung der Stadt……..“ seien „….ganz offiziell 80.000 Euro……im berühmten Nebelbrunnen versenkt..“ worden. Es gab weder eine Kunstausschreibung, noch hat der Brunnen 80.000 Euro gekostet. Ach ja, die Sparkasse Burgenlandkreis, lieber Herr Reichelt, ist kein „Privatunternehmen“.
Thomas Kuhlbrodt setzt alsdann noch einen oben drauf, schreibt zunächst von Roland Lindners Objekten als „ein markantes Plädoyer für ein kulturvolles und solidarisches Miteinander.“ Schon im nächsten Satz werden die Kritiker dann aber so angesprochen: „Missgunst und Engstirnigkeit wirken dabei als echte unproduktive Zeitzer Hemmschuhe“.

Das waren Zeiten, als im krähwinkelstumpf-sinnigen Zeitz die Menschen noch solidarisch und kulturvoll miteinander stritten.

„Bilde, Künstler! Rede nicht! Nur ein Hauch sei dein Gedicht!“

Was Goethe mit oben zitierter Aussage meint: tragt in und über Kunstwerke nicht dick auf, redet nicht wie mit dem Holzhammer auf den Betrachter ein. Vor allem aber doziert nicht, macht daraus keine „Verkündigung“ und versucht euch nicht in jener dilettantischen Kunstauffassung, die in jedem Werk Weltanschauung sehen will.

Genau das passiert aber hier. Und jeder, der dem nicht folgen mag oder eine ganz andere Sicht hat, der wird verbal nachgerade nieder gemacht, ist „dysfunktional, altrostig und vernebelnden Denkmustern“ verhaftet. Währenddessen wird Roland Lindner zum Unantastbaren stilisiert. Weiß Wirtschaftsamtsleiter Thomas Böhm wovon er spricht, wenn er ihn öffentlich einen „national und international wahrgenommenen Kulturbotschafter des Burgenlandkreises“ bezeichnet? Weiß Herr Reichelt wovon er spricht, wenn er den von einer „rostigen Vergangenheitsmentalität“ befallenen Kritikern Lindners Werk als „hoffnungsvoll schillernde Zukunftsvision“ gegenüber stellt? Herr Kuhlbrodt weiß ganz sicher nicht, wovon er spricht und nennt Andersdenkende dennoch „echte unproduktive Zeitzer Hemmschuhe“.

Zusätzliche Brisanz erhalten solche „Bewertungen“ und Aussagen, kennt man sie, die vermeintlichen „Kritiker“. Die nämlich engagieren sich ihrerseits seit Jahren und Jahrzehnten für Stadt und Umland. Ehrenamtlich, erfolgreich und erfolgreich mit über die Region hinaus wirkender Öffentlichkeit. Einer Öffentlichkeit für die Stadt, nicht für sich.

Schauen Sie sich die Publikationen rund um die Tage der Heimatkunde an, denken Sie an die Begleitprogramme zur Pflugausstellung und zur Triennale, schauen Sie sich die im Lebekzentrum entstandenen Bücher an, die Bildbände über Zeitz (wie eingangs erwähntes) oder das Lesebuch über Julius Pflug – allesamt weit über Stadt- und Landkreisgrenzen hinaus bekannte, anerkannte und viel beachtete Kulturbotschafter im besten Sinne. Andere leiten ehrenamtlich Jahrzehnte intakte Gemeinden, engagieren sich in ihrer Freizeit im Stadtrat – mehr ehrenamtliche Aktivitäten der in den Leserbriefen fahrlässig Attackierten ließen sich aufzählen, allein mir fehlt der Glaube, diese Schreiberlinge würden von so etwas wie Einsicht übermannt.

Ein derart grober und bösartiger Umgang mit Anderen lässt Einsicht kaum erwarten.

Der Leserbrief von Lutz Grumbach trifft es.
Wer lebt eigentlich in „vernebelnden Denkmustern“, wenn er Anderen eine „rostige Vergangenheitsmentalität“ vorwirft und dabei nicht einmal erkennt, dass sich selbst Roland Lindner in der „Stele Zukunft Zeitz“ der Vergangenheit – besser in der Geschichte bedient, obwohl er doch „im Hier und Jetzt lebt“? (wie übrigens jene beschimpften Kritiker auch). Die Plastik nämlich zeigt eine geschichtsträchtige Silhouette der Stadt: den Rathausturm, die Moritzburg, den Giebel der Franziskanerklosterkirche… . Ich weiß, ich lese das sicher falsch: „das hochgebogene ZZ befreie sich aus alten Mustern…“. Dazu und zur „hoffnungsvoll schillernde Zukunftsvision“ gehören dann wohl auch bösartige Leserbriefe, um Andersdenkende zu verunglimpfen, einzuschüchtern oder was auch immer damit beabsichtigt ist.

Goethe nochmal:
Genieße mäßig Füll und Segen,
Vernunft sei überall zugegen,
Wo Leben sich des Lebens freut.
Dann ist Vergangenheit beständig,
Das Künftige voraus lebendig,
Der Augenblick ist Ewigkeit.

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About The Author

REINER ECKEL Jahrgang 1953, wohnt in Zeitz. Der Web 2.0-Enthusiast ist in Sachen Web, Grafik und Layout als Autodidakt unterwegs. Betreibt zeitzonline.de seit 23. Februar 2011.

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