Foto: TRANSMEDIAL
„Alles zu seiner Zeitz“
Aus Gesprächen werden Kunstwerke
Sie bringen junge Kulturschaffende und Künstler*innen mit Senioren aus der Region Zeitz zusammen.
Was sie besprechen wird in künstlerischen Formaten reflektiert.
Es geht um Lebensgeschichten, um Identität, um Veränderung.
Ein Projektgespräch im Creative Lab.
Alles zu seiner Zeit. Auch der Morgenkaffee in der Nudel.
Sie laden mich zum Kaffee, zwei gut gelaunte Bambergerinnen. Erstmal tragen wir aber Tisch und Stühle auf die sonnige Wiese im Hof der Nudel.
Eigentlich sind sie ja drei im Projekt erzählen Katarina Vikulova und Jana Margarete Schuler. Hannes Peschka geht gerade seinem Job nach. Wie die beiden jungen Frauen zwischendurch auch, wenn sie nicht gerade an ihrem Projekt im Creative Lab Kohleideen arbeiten.
„Alles zu seiner Zeitz“ heißt das Projekt, womit sie seit fast 9 Wochen beschäftigt sind. Eine Zeit, die wie im Fluge vergangen ist, doch Spaß machte. Das ist ihnen anzusehen. Und ihre Vorfreude. Denn am 3. September präsentieren Sie mit ihren Partnern im Kunsthaus Zeitz, was bis dahin entstanden ist.
Jeder Mensch hat seine eigene, spannende Geschichte.
„Wer nach vorn, wer für die Zukunft gestalten will, der muss die Geschichte kennen“. Nicht nur die eigene. Darin liegt die Idee des Projektteams. So begannen sie, in Zeitzer Betreuungseinrichtungen alte Menschen zu finden, die bereit sind aus ihrem Leben zu erzählen. Das Ziel: diese Menschen mit ihren Erfahrungen in den Diskurs mit Kultur- und Kunstschaffenden zu bringen. Es geht dabei um Lebensgeschichten, um Identität, um Veränderung. Und es geht am Ende darum, die Geschichten aus den Gesprächen in künstlerischen Formaten zu verarbeiten und ins öffentliche Bewusstsein zu heben.
Es käme dabei zu interessanten und überraschenden Ergebnissen, kündigen Jana und Katarina schon mal an. Gespräche in einer raumgreifenden Installation wiedergeben oder Erfahrungen und Gefühle aus den Begegnungen zeichnerisch in Gemälden und Skizzen verarbeiten und mit anderen teilen – das verspricht Spannung und Anregung für lebhafte Diskussionen. Auch auf die Verarbeitung Theaterschaffender in szenischen Darstellungen und die Kompositionen von Liedern versprechen spannende Momente.
„Uns begeistert die Offenheit der Menschen in dieser Stadt.“
Sie stießen schnell auf Menschen, die gerne und aktiv mitmachen, gerade unter den Kultur- und Kunstmachern. Nicht selbstverständlich, wenn man weiß, dass es rund um das Creative Lab schon etwas Argwohn gab. Und schließlich ist es eine sensible Angelegenheit, Geschichten von alten Menschen öffentlich zu erzählen. Die jungen BambergerInnen trafen offensichtlich den richtigen Ton und auf Menschen mit eben dem richtigen Nerv. „Uns begeistert die Offenheit der Menschen in dieser Stadt,“ waren sich beide einig.
Dem Auftakt in der Zeitzer Nudel folgte ein lustmachender Workshop im Kunsthaus in der Rahnestraße. Zeitzer Kultur- und Kunstschaffende näherten sich dem Thema an, entwarfen ihre Ideen für die Gesprächsführung mit den alten Menschen und spannen dazu sozusagen das „Drehbuch“ für die künstlerische Verarbeitung des Erlebten. Zwar hätten sie einen Fragenkatalog im Gepäck gehabt, erzählen Jana und Katarina, doch letztlich sollten die Akteure mit ihren eigenen Strategien arbeiten.
Zu welchen Ideen und künstlerischen Ausdrucksweisen sie gekommen sind, das kann die interessierte Bürgerschaft erstmals am 3. September ab 19:00 Uhr im Kunsthaus Zeitz erleben. Tags darauf werden alle Projektergebnisse des Creative Lab in der Innenstadt präsentiert, wenn die Stadt für einen Tag zum Labor wird (mehr dazu lesen).
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„Alles zu seiner Zeitz“. Und die Zeit danach?
Skeptikern, was denn nach dem Projekt wohl bleibe, würde ich antworten: Alles zu seiner Zeit.
Vielleicht, so der Wunsch des Projektteams, vielleicht ist für eines oder mehrere der entstandenen künstlerischen Formate einmal die Zeit reif für eine Wiederholung an bürgernahen Orten. Womöglich lassen sie sich, etwa zur Beantwortung anderer gesellschaftlicher Fragen, als Methode projizieren. Jedenfalls werden sie in den kommenden Wochen Interesse wecken und auch Freude auslösen. Denen, die Fremden bereitwillig ihre Geschichte erzählten wird Freude bereiten, sich in den entstandenen Arbeiten wieder zu finden. Sich durch Aufmerksamkeit in der und von der Gesellschaft anerkannt fühlen, das ist für alte Menschen wichtig und schön zugleich. Ein gutes Projekt.
Danke für das Gespräch.