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Gibt das „Zeitz den Rest“?

Gibt das „Zeitz den Rest“?

Gibt das Zeitz den Rest?

Gespräch über den städtebaulichen Entwurf
zur Entwicklung des Zeitzer Brühl.

Interview mit Andreas Exler,
dem Vorsitzenden des Bauausschusses
beim Stadtrat Zeitz

Fotos: Reiner Eckel

ZeitzOnline: Herr Exler, nach Abschluss des Investorenauswahlverfahrens nahm der Bauausschuss den Expertenvorschlag, also die Entwürfe von ksg Architekten und Städteplaner, zustimmend zur Kenntnis. Damit verbunden war die öffentliche Präsentation der Ideen für die städtebauliche Entwicklung des Bereiches Brühl, Scharrenstraße, Rothestraße. Es gab danach Kritik und Zustimmung. Vor allem die Kritiker hatten sich ziemlich, sagen wir mal geharnischt, zu den Entwürfen geäußert. „Das gibt Zeitz den Rest“ war so eine Aussage, die es sogar bis in die Schlagzeilen lokaler Medien schaffte. Manche forderten nun auch eine Bürgerbeteiligung. Wie kam das bei Ihnen an?    

"Zunächst zeigen uns diese Debatten ja, wie verbunden sich Zeitzerinnen und Zeitzer mit diesem Quartier rund um den Brühl fühlen. Das ist schonmal gut. Mir würde gefallen, wenn sich dazu noch etwas mehr Sachlickeit mit weniger Emotionen gesellten. Eine Bürgerbeteiligung ist bei solchen Investorenauswahlverfahren übrigens nicht vorgesehen. Ich persönlich glaube nicht, Bürgerbeteiligung würde garantieren, dass am Ende alle glücklich sind.

ANDREAS EXLER

ZeitzOnline: Vor dem Votum des Bauausschusses gab es Auswertungs- und Beratungsrunden unter Hinzuziehung auch externen Sachverstandes, die sich intensiv mit den Angeboten auseinandergesetzt haben. Zu entscheiden war dann noch zwischen den Entwürfen von vier Anbietern. Beim ausgewählten Entwurf der ksg wurde anschließend in der Öffentlichkeit die Ansicht der Häuserzeile am Brühl am heftigsten diskutiert.
Was waren denn Ihrer Meinung nach am Ende für den Bauausschuss die ausschlaggebenden Momente und Argumente, den Entwurf von ksg zu favorisieren?

"Das waren einige Details, auf die wir gerne eingehen können. Überzeugend war aber vor allem die städtebauliche Idee, mit dem aus 9 Häusern bestehenden Ensemble die Entwicklung des gesamten Quartiers am Brühl in den Blick zu nehmen. Ich will an der Stelle drei Beispiele nennen. Erstes: die Planung sieht in dem Quartier ein ausgewogenes Verhältnis der Freiflächen zwischen öffentlicher, privater und gemeinschaftlicher Nutzung vor, die zudem in Bepflanzung und Beschaffenheit heutigen Standads entsprechen. Zweites Beispiel: die öffentliche Durchwegung des Quartiers mit kleinen Gassen und Plätzen, die dennoch ungestörtes privates Wohnen ermöglicht (beispielhaft Abbildungen unten). Drittens haben uns die Nutzungsideen- und Möglichkeiten der Gebäude überzeugt.

ANDREAS EXLER

© Visualisierung: kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

ZeitzOnline: Lassen Sie uns mal auf ein paar der markanten, umstrittenen wie Erstaunen machenden, Häuser in dem Entwurf kommen. Eines der von Ihnen erwähnten 9 Häuser ist das sogenannte Atriumhaus, andere das Eckhaus am Brühl und die nebenstehenden. Letztere würden nicht zum Brühl passen, seien zu modern und würden der historischen Bedeutung des Ortes nicht gerecht. Andere Entwürfe, so wird behauptet, würden dem eher entsprechen. Das hat der Bauausschuss offensichtlich anders gesehen, warum? 

"Manche wünschen sich den alten Zustand, nur sind die Gebäude eben weg. Oft genug gingen versuchte Nachahmungen gründlich schief. Im Entwurf nehmen das Eckhaus und das Museumshaus die Traufenständigkeit aus dem Bestand auf, wenn auch in der Höhe unterschiedlich. Der offene Holzdachstuhl des Eckhauses mutet einen Dachgarten an. Die Dachfläche selbst wird begrünt und mit Photovoltaik ausgestattet. Einzig das Kunsthaus hebt sich mit moderner Kubatur und grüner Fassade ab. Aber warum denn nicht? – (siehe Abb. unten links). Ach ja, die anderen Entwürfe, ich kenne das Beispiel, das durch Social Media sauste. Das Bild verschweigt aber das Dahinter. Das sah hinter der Brühlzeile eine Art Stadtvillenviertel vor. Also etwas, das wir nicht wollten – ein in private Parzellen gegliedertes Quartier ohne ganzheitliches Gestaltungskonzept und nicht nutzbar für die Öffentlichkeit …

ANDREAS EXLER

ZeitzOnline: … Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche – was ist denn jetzt bei diesem bevorzugten Entwurf an dieser Stelle, also „Dahinter“ so grundsätzlich anders? 

"Okay, dann verweise ich nochmal auf die Abbildungen unten und, wenn Sie nach dem Unterschied zu dem „Dahinter“ fragen, auf das Atriumhaus (Abb. unten mitte und rechts). Das ist ein aus unserer Sicht interessantes Wohn-Experiment (dem sich übrigens bereits Zeitzer Wohnungsanbieter offen gegenüber zeigen). In einer Art Gemeinsam-Leben-Gebäude wird es unterschiedlich große Wohnungen geben, allesamt senioren- und behindertengerecht. Statt individueller Küchen in den Wohnungen soll ein restaurantähnlicher Raum mit großer gemeinschaftlich nutzbarer Küche einladen. Gemeinschaftlich ist der Grundgedanke des Hauses, der neben privater Wohn- und Nutzflächen eben auch Raum für Gemeinsamkeit bietet – die Laubengänge im regengeschützten Innenraum etwa oder Raum für Coworking. Spannend wird auch die Bauweise. Denn vorgesehen ist, das Gebäude aus Holzmodulen mit vorgefertigten Nasszellen zu errichten. Ein Haus also, das durchaus in Nutzung und Bauweise Potenzial zum Modellhaften hat …

ANDREAS EXLER

© Visualisierung: kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

ZeitzOnline: … hm, Zeitz also mal nicht verzagt und ewig skeptisch, sondern einmal mutig meinen Sie? Das könnte mir gefallen.
Herr Exler, Gegenstand oben genannter ungehaltener Debatten waren auch die kursierenden Bilder von Tinyhäusern. Ich fürchte nur, das Gespräch wird etwas zu lang. Und über Baustoffe und anderes haben wir ja auch noch nicht gesprochen. Deshalb für heute erstmal: danke für das Gespräch und bis demnächst.

Das Interview führte Reiner Eckel

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About The Author

REINER ECKEL Jahrgang 1953, wohnt in Zeitz. Der Web 2.0-Enthusiast ist in Sachen Web, Grafik und Layout als Autodidakt unterwegs. Betreibt zeitzonline.de seit 23. Februar 2011.

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