Über Dialog und nicht zufällige Hintergründe
27. Januar 2021, nachträglicher Kommentar: ein paar Einschätzungen in diesem Beitrag sind mit Stand heute überholt oder zumindest infrage zu stellen. Heute wurde bekannt, dass aus Mitteln des Strukturwandels die Weltkulturerbestätten Wörlitzer Gartenreich und Bauhaus Dessau gefördert werden sollen. Lesen Sie hierzu den Beitrag.
Die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt lud BürgerInnen des Burgenlandkreises zum Dialog über den Strukturwandel. 70 TeilnehmerInnen debattierten online.
Dialog ist wichtig. In Corona-Zeiten aber nicht einfach. Zweimal hatte die Staatskanzlei im letzten Jahr dazu angesetzt, zweimal hatte Corona etwas dagegen. Gestern nun (25.1.) setzte sie via Onlineplattform ZOOM fort, was sie im September 2019 begann – sie ZOOMten sich heran ans Revier, an die Menschen hier, an das was sie bewegt, an ihre Ideen und an ihre Sorgen.
Die Hintergründe, in den Dialog zu treten sind verschieden. Ministerpräsident, MinisterInnen, StaatssekretärInnen und Staatskanzlei wollen die Stimmung wahrnehmen, über Sachstände informieren, von Ideen hören und über manchen Irrtum aufklären. BürgerInnen nutzen die Gelegenheit, ihren Frust ob mancher Entscheidungen bislang vorzutragen und ihre Bedenken zu äußern, ob denn am Ende die Strukturwandelmillionen gerecht verteilt würden. Andere haben eigene Ideen oder wollen einfach nur Informationen über Zuständigkeiten und Förderprämissen.
Einigen geht das auch alles zu langsam. Was man dazu wissen muss, noch ist aus den Mitteln hinter dem Strukturstärkungsgesetz noch kein müder Euro geflossen. Kann auch nicht, denn die Richtlinie (siehe Infospalte rechts) ist erst im Dezember verabschiedet und die dazugehörigen Antragsunterlagen werden bis Februar erarbeitet. Und wieso flossen dann sogenannte „Strukturwandelgelder“ zum Beispiel in die Domreinigung nach Naumburg?, wollten Teilnehmer wissen. Weil dies erstens Mittel aus einem sogenannten SofortSofortprogramm des Bundes waren und zweitens man diese Mittel nicht verfallen lassen wollte und nach Antragslage entschieden wurde, so die Antwort. Für mich klang das plausibel. Allerdings darf die Kommunikation kritisiert werden, die eben den Zusammenhang mit dem Strukturwandel öffentlich herstellte. Ein Problem der Medien? Vielleicht.
Drängende Fragen
Jedenfalls sind die ZeitzerInnen, was Strukturwandel betrifft, gebrannte Kinder. Deren Skepsis ist durchaus berechtigt. Denn die Folgen der Transformation aus den 90-iger Jahren sind bis heute überdeutlich spürbar. Das wurde auch an diesem Abend deutlich.
Leere Stadtkasse, abnehmende und alternde Bevölkerung, zunehmender Leerstand, abnehmende Hochqualifiziertenquote bei noch immer düsterer Langzeitprognose – das macht die Sorgen aus und das wirft auch Fragen auf.
Zum Beispiel die Reiner Eckel stellte: ob denn vor diesem Hintergrund eine Kommune überhaupt imstande sei, für zwingend notwendige strukturbestimmende Maßnahmen und Projekte die Weichen richtig zu stellen. Über die Antwort wird noch zu reden sein. Immerhin gibt es das Angebot dazu. Auch auf die Frage Eckels, wann und wie denn das im Strukturstärkungsgesetz erwähnte „Zentrum für Regionalentwicklung Zeitz“ (ursprüngl. „Zeitzer Zukunftszentrum“) in Gang gesetzt würde, mit welchen Zielen und konkreten Aufgabenstellungen folgte ein Gesprächsangebot. Das eben gestartete Digitalisierungszentrum sei „eine erste Stufe“, näheres würde im Gespräch erörtert werden können. Was okay ist, denn bei 70 TeilnehmerInnen und drei Stunden Zeit ist die detaillierte Erörterung einzelner Projekte nicht eben zielführend. Eckel hatte übrigens für den Dialog bewusst nebenstehenden Video-Hintergrund gewählt, um zu unterstreichen, wo das Revier ist.
Und die Erwartungen?
Wer seine Erwartungen an den dreistündigen Dialogabend nicht zu hoch hängte, der wurde nicht enttäuscht. Ein Bürgerdialog kann von Hause aus nicht entscheidend die Richtung in Strukturwandelprozessen bestimmen. Doch er kann informell für mehr Klarheit sorgen, kann für Problemlagen sensibilisieren und zwar bei den Planungs- wie den Bedürfnisträgern – also bei denen da „oben“ und denen da „unten“, sozusagen. Das jedenfalls ist gelungen.
Während sich die Einen Sorgen machen, ob denn das Geld reiche, bekennt Ministerpräsident Reiner Haseloff an dem Abend seine Sorge, ob es überhaupt gelingt, es auszugeben. Das kann nur heißen, bis 2038 ist zwar noch ein Stück hin, aber aus dem Revier müssen gute Projekte her, wenn das Geld in das Revier fließen soll. Diese Botschaft sollte nun auch der Letzte verstanden haben.
In der Spalte rechts finden Sie Informationen, Downloads und Tipps zur Mitwirkung.